Start der Finn Dinghy bei der Travemünde 2024

Die Wettervorhersage versprach beste Segelbedingungen und so reisten wir Freitag abend mit grosser Vorfreude nach Travemünde.
Meine Euphorie wurde dann leider erstmal abrupt eingebremst, nachdem ich vom Wachdienst eingelassen über den Parkplatz durch das südliche Tor das Mövensteingelände befahren hatte. Ich wollte mein Boot ausladen und mir dann einen Standplatz zuweisen lassen.

“Wie kommst Du denn hierher?” bellte mich ein rundlicher Herr in Freizeitbekleidung an.
“Durch das Tor dahinten” versuchte ich die für ihn offensichtlich sehr verwirrende Situation aufzuklären.
“Das kann nicht sein! Das ist geschlossen und da darf man nicht reinfahren!”.
“Also jetzt gerade ist es offen und der Parkplatzwächter hat mir gesagt, ich könne da durchfahren” erwiderte ich und da es für mich den Anschein hatte, dass diese Unterhaltung zu keinem sinnvollen Ergebnis führte, sagte ich “jetzt bin ich hier, wo darf ich mich denn nach dem Abladen hinstellen?”.
“Wo ist dein blauer Schein?” kam die nächste Fangfrage.
“Ich habe keinen blauen Schein. Wer soll mir den denn gegeben haben?”
“Also ohne blauen Schein kann hier eh keiner mehr stehen. Hier ist alles voll. Du fährst jetzt erstmal wieder da durch da Tor raus, um das Gebäude herum und durch das Tor dahinten wieder hierher. Und dann unterhalten wir uns weiter. Aber einen Stellplatz haben wir keinen mehr.”
Die Logik dieser in sehr unfreundlichem Ton vorgetragenen Anweisung wollte sich mir nicht erschliessen. Warum sollte ich das Gelände durch ein Tor verlassen und es dann durch ein anderes wieder befahren um genau dort anzukommen, wo ich jetzt schon war?? Meine ungläubigen Nachfragen führten zu keiner geänderten Anweisung, sondern nur zu der Erkenntnis, dass es sich offenbar um eine pädagogische Massnahme handelte. Die kannte ich zuletzt aus Schulzeiten, wo sie zwar genauso sinnlos waren, aber wenigstens nicht im Tonfall der DDR-Grenztruppen vorgetragen wurden.
Inzwischen etwas angegessen erklärte ich meinem Gegenüber, dass ich einen freundlicheren Empfang erwartet hatte. Selbst vor einer Woche in Warnemünde war der Ton nicht mehr so abweisend wie man ihn sonst in Mecklenburg-Vorpommern gewohnt war.

Von da ab befand sich unsere Unterhaltung im Sturzflug, der nur von einem herbeigetretenen weiteren Dauercamper in halbwegs konstruktive Bahnen gelenkt werden konnte. Allerdings sah auch dieser keine Chance, einen Stellplatz zu bekommen, da meine Anmeldung offensichtlich fehlgeschlagen war. Dass das Gelände maximal halb belegt war, spielte keine Rolle, denn “die Duschkapazitäten und die Stromversorgung erlauben nicht mehr”. Aber ich könne mich ja erstmal “irgendwo ausserhalb von Travemünde an die Strasse stellen und dann morgen schauen, wo ich noch einen Platz bekomme”.
An diesem Punkt schaltete sich Michael Klügel ein und organisierte mir innerhalb weniger Minuten problemlos einen Stellplatz auf dem benachbarten “Grünstrand”. (Vielen Dank auch an dieser Stelle nochmal!).
Dieselben unkonstruktiven bis ungastfreundlichen Erfahrungen machten neben mir auch andere Finner, denen ebenfalls in äußerst unfreundlichem Ton erklärt wurde, was alles nicht geht, aber leider nicht, was denn nun geht.

Die Mentalität der am Mövenstein ansässigen Blockwärte lässt mich ernsthaft zweifeln, wie diese Finnregatta über die diesjährige Meldezahl von 50 Teilnehmern weiter wachsen sollte, und erst recht, wie hier eine angedachte Euro (!!!) mit hunderten Teilnehmern ablaufen soll!?!
Auf dem Grünstrand stand ich dann mit den anderen ausgestossenen Finnseglern hervorragend, obwohl hier dreimal so viele Wohnmobile/Camper/Zelte pro Quadratmeter und mindestens fünfmal so viele Segler pro Dusche waren. Keinen hats gestört, man muss eben nur wollen.

Nun aber zu Erfreulichem: Zum Segeln.
Wir hatten diesmal zusammen mit den Aero RS Bahn “Delta” nördlich vom Mövenstein auf der offenen See zwischen Travemünder und Niendorfer Bucht gelegen, beste Segelbedingungen waren also garantiert.

Samstag ging es bei 8 – 12 kn aus Nordost mit kurzer Welle und Sonne in die ersten beiden Rennen. Das erste führte ich dank gutem Amwindspeed vor Andrzej Romanowski (POL73) und Bas de Waal (NED29) bis zum letzten Vorwindkurs. Leider hatte ich nicht mitbekommem, dass “Oscar” gezogen war und wunderte mich nur, dass um mich herum recht heftig gepumpt wurde, ohne dass die Jury einschritt. Auf dem Weg zum Ziel achtete ich dann nur auf Bas neben mir und bemerkte so nicht wie sich Andrè Budzin (GER711) in meinem Rücken in die Innenposition am letzten Gate arbeitete und so vor mir und Bas das Rennen gewann.

Das zweite Rennen führte dann Bas eineinhalb Runden lang vor Andrè, bis dieser ihn auf dem letzten Vorwindkurs – diesmal wirklich ohne “Oscar” – mit überlegener Geschwindigkeit überholte und auch dieses Rennen gewann. Den dritten Platz konnte ich mir ungefährdet sichern.

Auch der Sonntag war heiter bis sonnig und wartete mit 7 – 10 kn aus Ost auf zwei weitere Rennen. Der Wind war jedoch sehr drehfreudig und die Wettfahrtleitung nicht schnell genug, um Linie und Kurs entsprechend anzupassen. Stattdessen gab es nach vorhersehbarem Chaos an den Linienenden mehrere Allgemeine Rückrufe bis unter “Black Flag” und etlichen “Opfern” derselben gestartet wurde. Und das obwohl bereits die vor uns startenden Aero RS gezeigt hatten, dass die Startlinie extem schief liegt.
Das dritte Rennen wartete mit einem Winddreher auf der Startkreuz auf, dem sämtliche Favoriten bis auf Bas zum Opfer fiehlen. So konnte Bas die Wettfahrt überlegen vor Klaus Antrecht (GER960) und Gerd-Uwe Hillers (GER479) gewinnen. Ich rettete mich mit guten Vorwindkursen auf den fünften Platz, Andrè landete auf den Elften und wurde dann auch noch “BFD” gewertet.

Das vierte Rennen erlebte erneut eine Reihe von Startversuchen bis acht Finner nach “Black Flag” frühzeitig die Rückreise zum Mövenstein antreten durften. Leider hatte es auch mich erwischt, obwohl ich am Pin End erst angezogen hatte als Andrè und Cees Scheurwater (NED7) in lee von mir schon Starttonne und Linienboot verdeckten (ohne dafür einen BFD zu kassieren). Aber Juryentscheidung ist nun mal Juryentscheidung. Das Rennen gewann erneut Andrè vor Andrzej und Bas. Bis dahin kein guter Tag für mich … und dann wurde auch noch das Traverennen bei immer noch bestem Wetter wegen einer Unwetterwarnung abgesagt, obwohl die Front erst um 2000h Travemünde erreichte.

Der Montag wartete mit wechselhaftem Wetter und leichten bis mittleren Winden aus nord-westlichen Richtungen auf. Wir hatten auf Bahn “Delta” also ablandigen und damit recht drehfreudigen Wind. Im fünften Rennen erwischte ich nach dem Start die richtige Seite und errreichte hinter Jan-Dietmar Dellas (GER81), der mit Fabian Rossberger (GER595) im Schlepp einen seiner berüchtigten Extremschläge über die rechte Seite gesegelt hatte, die Luvtonne. Auf der Vorwindstrecke konnte ich beide passieren und den Rest des Rennens sicher nach Hause fahren.

Im sechsten Rennen waren nun die Seiten klar und so konnte André unter meinen erbarmungslosen Attacken den Sieg einstreichen während der schnelle Däne Peter Böje (DEN117) hinter mir Dritter wurde.

Abends gab es dann einen geselligen Grillabend am von der F18-Klasse gesponsorten Bierwagen, zu dem jeder sein Grillgut selbst mitbrachte. Meiner Meinung nach eine tolle Art zu feiern, da die Geschmäcker und kullinarischen Ansprüche verschieden sind und sich so jeder nach seiner Fasson versorgen kann.

Der Dienstag zeigte sich wettertechnisch wie der Vortag. Im siebenten Rennen konnte Bas noch einmal seine Klasse zeigen und das mit vielen Drehern sehr anspruchsvolle Rennen vor André und Andrzej gewinnen. Ich musste mich mit dem vierten Platz begnügen.

Im achten Rennen hatten wir mit immer stärker drehendem Wind in einzelnen Windfeldern, zu kämpfen. Hier spielte André ein weiteres mal seine Erfahrung bei solch diffizielen Bedingungen aus, auch wenn ich auf dem letzten Vorwindschenkel ihn mit einer Privatbrise noch fast überholt hätte, wäre ich nicht von der Jury mit einer (natürlich völlig ungerechtfertigten) Zwei-Drehungen-Strafe eingebremst worden. So reichte es in diesem Rennen nur zum zweiten Platz vor Andrzej und Bas, auf den mir in der Gesamtwertung ein Sieg in diesem letzten Rennen fehlte. So gewann André die 136. Travemünder Woche vor Bas und mir.

Travemünde ist eines der besten Regattareviere, das wir in Deutschland haben und der Platz auf dem Mövenstein gehört sicherlich international zu einem der besten Stellplätze. Sehr schade nur, dass seine “Verwaltung” während der Travemünder Woche Personen übertragen wird, die dafür weder organisatorisch, noch menschlich geeignet sind. (Gib einem einfachen Menschen Macht und er wird sie missbrauchen). Eine Europameisterschaft in Deutschland würde unserer Klasse sicherlich gut tun, aber am Mövenstein kann ich sie mir unter diesen Bedingungen absolut nicht vorstellen.

ahoi.fab
GER501
keep the oceans clean!

Finn Dinghy bei der Travemünde 2024
Travemünde 2024
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Travemünde 2024 Start

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