Thomas Schmid GER193 bei der IDM in Hamburg, Mühlenberger Loch

Im Vorfeld der geplanten IDM auf dem Mühlberger Loch vor Blankenese waren viele deutsche Finnsegler skeptisch was das Revier betrifft. Das Segeln auf einem Tidengewässer und die bei Nord-Richtung unbeständigen Winde ließen viele an der Tauglichkeit des Reviers zweifeln. Da ich seit einigen Jahren regelmäßig an der Internationalen Einhandmeisterschaft im Frühjahr und den letzten Helden im November teilgenommen hatte wusste ich das Mühlberger Loch zu schätzen und machte Werbung für diese Meisterschaft. Die Organisatoren legten den Termin so, dass wir nicht  gezeitenbedingt morgens um 7 starten mussten und Ende August, Anfang September war für Hamburger Verhältnisse moderates Wetter und stetige Winde zu erwarten.

Kurz bevor es losgehen sollte kamen dann noch einmal Gerüchte auf, dass die Stromversorgung für die zu erwartende Anzahl an Wohnmobilen nicht ausreichen würde. Im Rahmen der Sanierung des Clubhauses sei der Stromanschluß an seine Belastungsgrenzen gekommen und die Stadt konnte keine höhere Leistung zur Verfügung stellen. Daher wurde angekündigt, dass im Verlaufe der Veranstaltung eventuell temporär kein Strom zur Verfügung stehen könnte. Letztlich waren diese Sorgen aber unbegründet.

Als ich am Montagabend anreiste fand ich eine perfekt organisierte Stellfläche auf dem Elbvorland direkt neben dem Blankeneser Segelclub vor, auf der schon diverse Wohnmobile und Zelte standen, die problemlos an dicken Stromkabeln hingen.  Die Flächen waren auch schon wieder abgetrocknet und befahrbar, obwohl sie zwei Tage zuvor bei der letzten Springflut noch komplett unter Wasser standen. Der Wettergott stand also auf der Seite der Organisatoren.

Den Dienstag über trafen die letzten der über 60 gemeldeten Teilnehmer ein und ließen ihre Boote vom in gewohnt souveräner Manier vorgehenden Detlef Guminsky vermessen. Die Vermessung sollte auch für den im Anschluss in Aarhus stattfindenden Gold Cup gelten, was letztlich leider nicht funktionierte. Bei herrlich warmen Temperaturen fehlte leider der Wind um mit Trainingschlägen die Bedingungen auf dem Wettkampfareal zu erkunden. Am Abend gab es dann eine kleine Eröffnungsfeier im nahegelegenen Bootsschuppen des BSC.

Am Mittwoch setzte dann wie vorhergesagt ein moderater Ostwind ein und so konnten nach der Steuermannsbesprechung 60 Finns zum ersten Start an die Linie gehen. Die Wettfahrtleitung verlor keine Zeit und zog das Startprocedere wie angekündigt schnell durch. Das Mühlberger Loch zeigte sich von seiner besten Seite mit leicht drehenden Winden und mit der Tide wechselnden Strömungen, die Strategie und Taktik zu einer anspruchsvollen Aufgabe machten. Dass Revierkenntnisse hierbei halfen bewies Nils Schoenrock (GER 94), indem er das erste Rennen vor mir und André Budzin (GER 711) gewann. Im zweiten Rennen führte dann lange der Spanier David Terol (ESP 317) bis ihn André auf dem letzten Vorwindkurs überholte und siegte. Den dritten Platz konnte sich der deutsche Meister von 2018, Nicolas Thierse (GER 723), sichern. Ich erwischte leider zweimal die falsche Seite und musste mich daher mit einem 10. Platz zufrieden geben.

Zum dritten Rennen nahm der Wind weiter ab und wurde in der Richtung immer unbeständiger, da er aus Osten über die Hallen des Airbus-Geländes kam. So entstanden größere Bereiche ohne Wind und schmale Korridore, auf denen man sich zur nächsten Bahnmarke arbeiten konnte. Das gelang Nikolas am besten, der das weit auseinandergezogene Feld mit großem Vorsprung anführte und vor dem Ziel noch auf den zweitplatzierten André wartete, damit die in windfreien Zonen hängengebliebenen letzten im Feld noch im Zeitlimit das Ziel erreichen konnten. Eine sehr faire Geste, die der Wettfahrtleitung jedoch zeigte, dass die Windbedingungen eigentlich nicht mehr segelbar waren. Als Dritter kam Karl Heinz Erich (GER 39) ins Ziel. Ich wurde in diesem Rennen Fünfter. Nach 3 Stunden auf dem Wasser, in der die Wettfahrtleitung die Rennen professionell schnell durchgezogen hatte (über das letzte Rennen mag man streiten), schloss sich das Zeitfenster, das die Tide für das nur bei Hochwasser mögliche Segeln auf dem Mühlbacher Loch gewährte, und es ging zurück in den Hafen. Dabei ist das Überqueren des Fahrwassers der Elbe jedes Mal ein Highlight, denn man kreuzt den Weg der Berufsschifffahrt mit Containerschiffen, die zu den größten der Welt gehören. Nicht nur für uns Teichsegler ist das sehr beeindruckend.

Am Abend hatte der BSC dann eine Hafenrundfahrt für alle Teilnehmer und deren Begleitpersonen organisiert. Auf einer mit reichlich Freibier ausgestatteten Barkasse ging es zunächst bei immer noch herrlich warmen Temperaturen flussabwärts vorbei an der malerischen Kulisse des Treppenviertels mit seinen hunderten an die Berge geklebten Häusern. Dann fuhren wir flussaufwärts vorbei am Airbus-Gelände, den Elbvillen und den Musicaltheatern bis ins Hafengebiet, immer begleitet von einem sehr kurzweiligen und launigen Vortrag des Barkassenführers, der zu jedem Gebäude und jeder Brücke eine andere amüsante Anekdote parat hatte und diese in norddeutscher Mundart und mit Hamburger Humor vortrug. Von der im Trockendock befindlichen „Gorch Fock“ über die Speicherstadt, die Elbphilharmonie und die legendäre „Rickmer Rickmers“ wurde keine Sehenswürdigkeit ausgelassen. An den Landungsbrücken endete dann unsere Fahrt. Von dort gingen die meisten noch ins Portugiesenviertel, wo diverse kleine Restaurants mit leckerer portugiesischer Küche aufwarteten.

Für Donnerstag und Freitag war wenig bis garkein Wind vorhergesagt, aber die Wettfahrtleitung wollte es natürlich trotzdem probieren, selbstverständlich ohne „Schweinerennen“. So arbeiteten wir uns Donnerstagmittag erst einmal bei nahezu spiegelglatter Elbe über das Fahrwasser ins Regattagebiet, wo dann nach kurzem Warten tatsächlich die versprochenen 5 Knoten aus südlicher Richtung einsetzen. Da bei dieser Windrichtung nur sehr kurze Bahnlängen möglich sind, musste die Luvtonne dicht unter Land gelegt werden. Die bei wenig Druck noch mehr drehenden ablandigen Winde machten dann in Verbindung mit der Strömung das Segeln zu einer wahren Herausforderung. Der schnellste Weg zur Eins war im Grunde genommen kaum vorhersehbar (eigentlich die Definition für ein „Schweinerennen“) und so überraschte es nicht, dass sie im vierten Rennen und ersten des Tages von einer kleinen, über die extreme linke Seite fahrenden Gruppe, angeführt vom Meister des Extremschlages Jan-Dietmar Dellas (GER 81), als erstes erreicht wurde. Auch auf der anschließenden Vorwindstrecke würfelten spontan auftauchende Windfelder und Tidenströmungen das Feld gut durcheinander. Jan-Dietmar konnte sich aber an der Spitze halten während André gut von hinten auffuhr und ich leider auf der falschen Seite stehen blieb. In der zweiten Runde waren die erfolgreichen Pfade dann bekannt und man konnte sich ein wenig auf die Bedingungen einstellen. Die zweite Vorwindstrecke nutzte André um Jan-Dietmar zu passieren und das Rennen vor ihm zu gewinnen. Als Dritter kam  Lokalmatador Thomas Schmid (GER 193) ins Ziel. Mir blieb leider nur ein unbefriedigender 16. Platz während Nicolas einen DSQ kassierte.

Nachdem die für eine Deutsche Meisterschaft unwürdigen Bedingungen sich nicht verbesserten hätte man an diesem Punkt eigentlich den Renntag beenden müssen. Leider wollte die am Vortag noch sehr professionell agierende Wettfahrtleitung jedoch angesichts der schlechten Vorhersage für den nächsten Tag unbedingt das für die Meisterschaftswertung erforderliche fünfte Rennen noch durchdrücken und so wurde es bei unveränderten („Schweine“-)Bedingungen gestartet. Der Wind nahm sogar noch weiter ab und so erschwerte das immer stärker ablaufende Wasser mit über die Startlinie drückender Strömung den Start, der aufgrund des Zeitdrucks beim zweiten Versuch schon unter Black Flag erfolgte und 7 Teilnehmern einen BFD einbrachte. Darunter, wie sich später herausstellen sollte, auch André. Jan-Dietmar konnte erneut über die extreme linke Seite als Erster die Luvtonne erreichen, gefolgt von ein paar weiteren Extremisten und den eher konservativ segelnden Favoriten. Auf der ersten Vorwindstrecke konnten Nicolas und ich uns in die Nähe der Spitze vorarbeiten. Auf der Kreuz würfelten dann die immer unbeständigeren Windbedingungen wieder einiges durcheinander. Auf der zweiten Vorwindstrecke konnte ich dann Jan-Dietmar überholen, berührte aber bei der letzten Tonnenrundung von der inzwischen „kochenden“ Strömung versetzt die Bahnmarke, musste klingeln und mich so mit dem zweiten Platz hinter Jan-Dietmar zufriedengeben. Nicolas wurde Dritter.

So endete der Tag mit mindestens einem Rennen, das nicht mehr hätte gefahren werden dürfen und auch nicht müssen, denn für den Freitag war die Windprognose zwar ausgesprochen schlecht, aber schon am Samstag sollten wieder bessere Bedingungen herrschen. Völlig unverständlicherweise hatte der BSC jedoch die Meisterschaft auf nur drei Renntage (Mittwoch, Donnerstag und Freitag!!!) projektiert und den Samstag lediglich als Reservetag vorgesehen. Da mit dem auf Biegen und Brechen durchgedrückten fünften Rennen nun aber eine Meisterschaftswertung zustande gekommen war, wurde der Reservetag nicht mehr genutzt. Ich finde dieses Vorgehen ausgesprochen bedenklich, denn so wird eine Internationale Deutsche Meisterschaft zu einer Wochenendregatta degradiert. Meisterschaften gehen für gewöhnlich über eine fast volle Woche, damit gewährleistet ist, dass genügend Tage zur Verfügung stehen, um möglichst viele Rennen bei möglichst idealen Bedingungen ausrichten zu können. Dies sollte in Zukunft wieder das Ziel der veranstaltenden Vereine sein.

Am Abend fand dann die KV Versammlung im BSC-Schuppen statt, in deren Verlauf ich meinen Verein, die SV03 Berlin, als Ausrichter der IDM 2026 präsentieren durfte. Im Anschluss gab es ein sehr schmackhaftes türkisches Essen vom Grill, das jedoch angesichts der ausgesprochen hungrigen Finnseglermeute viel zu langsam zubereitet wurde und daher nicht den Anklang fand, den es geschmacklich verdient hätte.

Wie vorhergesagt wartete der Freitag zwar mit warmem aber windfreiem Wetter auf und so fanden keine Rennen, sondern nur die Siegerehrung und Abschlussfeier am Abend statt. Internationaler Deutscher Meister der Finns 2024 wurde verdientermaßen André, Nicolas wurde Vize und ich Dritter. Es wurden sehr schöne Preise überreicht, die von einer Lokalen Künstlerin aus aufbereitetem Treibholz hergestellt waren.

Ebenfalls entsprechend der Vorhersage zeigte sich der Samstag dann mit perfekten Segelbedingungen, die von uns jedoch zum Verladen der Boote und Abbau der Zelte genutzt wurden. Dabei  war es erst Samstag und der Sonntag hätte als Resietag völlig ausgereicht. Einige Teilnehmer zogen dann wie ich weiter nach Aarhus zum Gold Cup, der vier Tage später mit dem ersten Rennen startete.

Alles in allem war es eine sehr schöne Meisterschaft mit gut organisiertem Rahmenprogramm in einem gewohnt gastfreundlichen Blankeneser Segelclub. Schade nur, dass sie auf lediglich 3 Segeltage angelegt war und so Rennen durchgeführt werden mussten, die einer IDM der Finns unwürdig waren und zu keinem ausgeglichen Klassement führten.

Ahoi Fabian „fl!nk“ Lemmel

GER 501

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