Während die Tropfen an die Fensterscheibe prasseln und der graue Himmel selbst die Stimmung der positivsten Menschen trübt, träumen viele von Sommer und Sonne. Und davon bei 20° und stetem Wind segeln zu gehen. Ein Traum, den man sich bei der Finn Sailing Academy in Vilamoura auch im Winter erfüllen kann.
Für die, die das Interview mit Filipe Silva im Finnwelle Magazin (Print) noch nicht gelesen haben und in diesem Bericht zum ersten Mal von der Finn Sailing Academy hören, hier eine kurze Erklärung: Die Finn Sailing Academy in Vilamoura, einem der südlichsten Orte in Portugal, bietet Finnseglerinnen und -seglern in den europäischen Wintermonaten die Möglichkeit in 3-5 tägigen “Clinics” ihre seglerischen Fähigkeiten zu verbessern. Dabei stellt die FSA (Finn Sailing Academy) sowohl die Boote und Masten, als auch die Unterkünfte zur Verfügung. Lediglich ein Segel und die eigene Segelbekleidung muss man selbst mitbringen. Als Coach sitzt niemand geringeres als Filipe Silva selbst im Schlauchboot und tainiert kleine Gruppen auf dem Atlantischen Ozean.
Reiseplanung
Ich hasse fliegen. Doch da ich immer auf der Suche nach einer Möglichkeit bin meine seglerischen Fähigkeiten zu verbessern, war mir bereits im Herbst 2023 klar: Ich werde nach Portugal reisen. Egal wie. Ich möchte euch nicht mit meinen zahlreichen Grübeleien zu Nachtzügen und Busreisen langweilen, kann euch aber vielleicht eigene Recherchen abnehmen. Denn wer zum Segeln von Deutschland aus nach Vilamoura gelangen möchte, hat eigentlich nur zwei Möglichkeiten: mit dem Auto oder mit dem Flugzeug. Alles andere dauert ewig, ist sehr teuer und aufgrund des Gepäcks sehr unpraktisch. Denn auch wenn die FSA Masten, Boote und Unterkünfte bereitgestellt, so muss man doch die eigene Kleidung und vor allem das eigene Segel mitbringen.
Gerade letzteres war für mich neben dem ökologischen Aspekt und meiner latenten Flugangst ein klarer Grund für das Auto. Denn wie sollte ich mein schönes Segel unbeschadet nach Portugal schaffen, wenn nicht fein säuberlich aufgerollt? Vielleicht sogar noch im eigenen Boot? Die Antwort lautete: im Handgepäck innerhalb von 3,5 Stunden statt aufgerollt in 3 Tagen. Also biss ich die Zähne zusammen und buchte einen Flug.
Equipment und Masten
Vor der Reise war ich davon überzeugt, dass es viel besser wäre, würde ich mit meinem eigenen Boot trainieren. Wie sich herausstellte eine absolute Fehlannahme. Nicht, weil die zehn Boote der Academy besser wären als meins, sondern einfach weil sie anders sind. Ich bin jeden Tag mit einem anderen Boot – und noch viel wichtiger – mit einem anderen Mast gesegelt. So konnte ich die Unterschiede zwischen Devoti Classic und Fantastica sowie weichen, mittleren und harten Masten ausprobieren und weiß nun, was am besten zu meinen persönlichen Präferenzen passt.
Trainingseinheiten und Debriefing
Vor dem ersten Training befragte Filipe jeden Einzelnen aus der Gruppe nach den persönlichen Stärken und Schwächen und der individuellen Zielstellung. Alle drei Punkte sollten während der Trainingswoche eine wichtige Rolle spielen und tauchten immer wieder in den Coaching-Gesprächen auf.
Die Trainingseinheiten waren gut geplant und wurden zuvor im Detail mit der gesamten Gruppe besprochen. Es gab stets eine klare Aufgabe und klare Ziele. Angefangen beim Bootstrimm und Startübungen über Tonnenmanöver bis hin zu Up- & Downwind Techniken hatte jeder Tag einen anderen Schwerpunkt. Als besonders bemerkenswert empfand ich, dass Filipe wirklich gut auf die individuellen Leistungs- und Wissensstände der Teilnehmer eingegangen ist. Und das sowohl auf dem Wasser, als auch in den täglich stattfindenden Debriefings im Anschluss an die Trainings. So konnte jeder aus der Gruppe etwas lernen und niemand war überfordert oder hat sich gelangweilt. An einem Tag wurden wir von einem Fotografen mit einer Drohne begleitet. Das Ergebnis waren wirklich tolle Erinnerungsfotos.
Mein persönliches Highlight waren neben den Erlebnissen auf dem Wasser die Diskussionen anhand des erstellten Foto- und Video-Materials der einzelnen Trainingseinheiten. Über allem schwebt aber ganz klar das freie Pumpen auf der Atlantik-Welle und die Szenerie drumherum.
Fitness-Coach & Segelmacher
Ergänzend zu den seglerischen Trainingseinheiten hatten wir die Gelegenheit mit dem Geschäftsführer von PL Sails über die Mechaniken und Kräfte an Segel und Boot zu sprechen und Fragen zu Materialien, Schnitten und natürlich dem Trimm zu stellen. Außerdem gab es eine kleine Schulung mit einem Fitness-Coach, der uns die Besonderheiten in der Belastung beim Finn segeln erklärte und uns anhand einiger einfachen aber effektiven Übungen zeigte, wie wir eine Regatta am besten vor- und nachbereiten können. Handout zum Mitnehmen inklusive.
Unterkunft und Umgebung
Über die Landschaft im Süden Portugals muss ich nicht viel sagen. Ich wäre am liebsten einfach dort geblieben und hätte gerne noch mehr von den umliegenden Wanderwegen in den Bergen und an den Steilküsten entdeckt. Für detaillierte Beschreibungen zur Region finden sich zahlreiche Reiseberichten und Fotos im Netz.
Unsere Unterkunft war absolut in Ordnung und mit einer vollwertigen Küche, einem großzügigen Wohn- und Essbereich und mehreren Schlafzimmern und Bädern ausgestattet. Die Innenräume waren schön hell. Dazu ein Balkon im ersten Stock, die Terrasse im Erdgeschoss und der Pool: wir haben uns wirklich wohlgefühlt.
Philosophie im Training
Filipe zählt zu den besten Finnseglern weltweit. Zeitgleich wirkt er aber nicht wie jemand, der diesen Erfolg verbissen unter Qualen erreicht hat. Viel mehr scheint es, als habe Filipe so viel Spaß am schnellen Segeln, dass er einfach schnell ist. Ob meine Annahme stimmt oder nicht, weiß ich natürlich nicht, aber genau diesen Spaß, bzw. die Freude am Segeln, vermittelt Filipe in der Finn Sailing Academy. Natürlich geht es in den Trainings darum, die eigene Komfortzone zu verlassen, um besser zu werden. Jedoch immer mit einem Lächeln im Gesicht. Eine Philosophie, mit der ich persönlich sehr gut zurechtkomme.
Mein Fazit
Ich werde definitiv auch im kommenden Winter wieder nach Portugal reisen und an den Trainings der Finn Sailing Academy teilnehmen. Zum einen, weil ich den Eindruck habe durch Filipes Coaching wirklich etwas gelernt zu haben. Zum anderen, weil die Reise ein tolles Erlebnis gewesen ist. Die täglichen Trainingssessions dauerten ca. 3-4 Stunden. So blieb drumherum noch genug Zeit sich die Gegend anzusehen, essen zu gehen oder an der persönlichen Fitness zu arbeiten. Ich kann die FSA wirklich empfehlen. Vor allem zusammen mit dem Partner oder der Partnerin und vielleicht sogar der gesamten Familie. Und das nicht zuletzt, weil Filipe ein enorm hilfsbereiter und herzlicher Gastgeber ist, dem die Zufriedenheit seiner Besucher wirklich wichtig ist.
Termine für 2025
Außerdem werde ich versuchen mehrere Termine für den Winter 24/25 bei Filipe zu blocken, um eine deutsche Trainingsgruppe für Portugal ins Leben zu rufen. Wer Interesse hat, kann sich schon jetzt gerne bei mir melden.
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