Die IDM fand dieses Jahr im Rahmen der Travemünder Woche an den für die Finns üblichen Tagen statt, also Samstag bis Dienstag. Freitag war als Vermessungstag angesetzt. 65 Segler hatten gemeldet und alle sollten auch an den Start gehen.

Traditionell standen die Finns auf dem Mövensteingelände, das wie immer reichlich Platz für Boote, Trailer, Wohnmobile und Zelte bot. Die Wetterprognosen waren gut und so stand einer perfekten Meisterschaft nichts mehr im Wege. Wie immer waren viele Finner schon Tage vorher mit Begleitung angereist um sich ihren idealen Wohnmobilstellplatz zu sichern und die Regatta um ein paar zusätzlichen Urlaubstage zu erweitern.

Die Anmeldung zur Regatta fand wie immer im Zelt an der Trave nahe dem LYC statt, aber die gesamte Kommunikation während der Rennserie fand dieses Jahr über die MessengerApp „ownChat“ statt. Die Installation war einfach und man war immer auf dem aktuellen Stand. Alternativ wurden die wichtigen Informationen per Email verschickt.

Die Vermessung am Freitag übernahm dankenswerterweise Rainer Haaks, wobei er es bei punktuellen Kontrollen beließ, da viele Finns bereits im Rahmen des Gold Cups im Mai komplett durchgecheckt wurden. Den Rest des Tages verbrachten die meisten mit Trimmschlägen und letzten Bastel- und Einstellarbeiten an den Booten bei sonnigem Wetter und mäßigen Temperaturen, die nach Sonnenuntergang zum Tragen von Jacken und Hosen zwangen.

Der Samstag empfing uns mit wärmerem Wetter und einer Vorhersage für leichten bis mittleren Westwind. Der Start war für 1100h auf Bahn „Foxtrott“ angesetzt, man musste also gegen 1000h auslaufen, um rechtzeitig den Weg nach Nord-West in die Niendorfer Bucht zu schaffen und sich einzufahren. Ich zog mein nagelneues FSA-Segel für mittleren Wind auf, dass mir Klaus Antrecht zur Regatta mitgebracht hatte.

Pünktlich um 1100h ging es dann los, und zwar wie immer bei großen Finn-Regatten erst mit „Papa“, dann dem unvermeidbaren Allgemeinen Rückruf, ein paar eingestreuten Startabbrüchen und dann mit „Uniform“. Das Feld war diesmal halbwegs diszipliniert und so ging es bei knapp über 10 kn Wind und „Free Pumping“ ins erste Rennen.
Ein Linksdreher zum Schuss legte einen ersten Schlag in Richtung rechte Seite nahe und so fuhr ich entgegen meinem Strategieplan erstmal auf die offene Niendorfer Bucht. Der Wind drehte nicht zurück, aber ich hatte Andre Budzin in Lee und dachte Thomas Schmid und der Däne Otto Strandvig (DEN21), der nach seiner guten Vorstellung bei der letzten IDM dieses Jahr beim Gold Cup eine hervorragende Form gezeigt hatte, würden direkt in Luv über mir fahren. Auf der linken Seite unter Land hatte ich mehr Linksdreher, flachere Wellen und eventuell weniger Strom vermutet, aber wenn meine direkten Gegner nach rechts fahren, wollte ich lieber bei ihnen bleiben.
Je weiter wir fuhren, umso weiter drehte der Wind nach links und so waren wir schon fast auf der Anliegelinie als ich bemerkte, dass es nur Andre war, der mit mir in dieses Desaster gesteuert war. Thomas hatte sich rechtzeitig nach links verholt und Otto war wohl von Anfang an über die linke Seite gefahren. Also fuhren Andre und ich gegen den Dreher zur Luvtonne und sahen fast das ganze Feld vor uns passieren.
Als dann endlich der Rückdreher kam und wir mit aufgefierten Segeln zur Eins fuhren war die Messe schon gesungen. Als ca. 45. rundete ich die Bahnmarke, Andre kurz hinter mir.
Die Ostsee bot eine kleine, aber doch gut zu surfende Welle und so konnte ich mich auf dem ersten Vorwind über die vorher so verheerende rechte Seite in die vordere Feldhälfte pumpen.
Die zweite Kreuz fuhr ich nun über rechts, die teils recht gravierenden Winddreher mitnehmend. Wieder in Luv angekommen hatte ich die Feldspitze zumindest in Sichtweite, an der zwei weitere Dänen, Jens Kristian Andersen (DEN246) und Michael Staal (DEN80), mit Thomas, Otto, Udo Murek und dem bis dahin schnell fahrenden Jochen Dauber um die vorderen Plätze kämpften.
Der Wind hatte etwas nachgelassen, aber „Oscar“ und die Welle standen immer noch, und so konnte ich wieder über rechts meine Pumpvorteile ausnutzen und mich am Feld vorbei auf den 8. Platz vorarbeiten, um auf dem letzten kurzen Raumschotgang ins Ziel noch Udo zu passieren. Otto gewann das Rennen vor seinem Landsmann Michael und Thomas als Drittem. Andre kam nicht so gut wie ich durchs Feld und landete nur auf dem 23. Platz.

Nach dieser Vorstellungsrunde ging es dann bei abgeflautem Wind ins zweite Rennen. Alle waren so heiß wie zuvor, aber der drehige Wind machte das Starten nur noch schwieriger. So ging es direkt mit  „Uniform“ los und nach ein paar eingestreuten Startabbrüchen und Allgemeinen Rückrufen schließlich zum allseits beliebten „Black Flag“-Start. Dass dann ausgerechnet der chaotischste Start von der Wettfahrtleitung weiterlaufen gelassen wurde überraschte mich, allerdings war ich mir direkt am Pin End Boot startend sicher, dass ich hinter der Linie war.
Das Rennen ging wieder über die linke Seite. Man musste zwar die Dreher mitnehmen, aber generell war die Welle hier flacher und der Strom schwächer. Das war allen Favoriten nun klar und so gab es spannende Positionskämpfe zwischen Andre, Thomas, Otto, mir und Jürgen Eiermann, der damit nach einem 8. Platz im ersten Rennen gut in die Regatta gefunden hatte und seine starke Leistung vom Gold Cup bestätigte.
Auf dem zweiten Vorwindkurs konnte ich mich an Jürgen und Thomas vorbei- und an Andre heranarbeiten. An der letzten Gatetonne lag ich – meiner Meinung nach – mit Überlappung innen und hatte die besseren Chancen als erster den Raumschotgang ins Ziel zu fahren. Andre sah das aber anders und machte an der Tonne zu. So fuhren wir laut aufeinander fluchend und „Protest“ rufend ins Ziel, Andre vor mir. Das ganze hätte in einer für die Finnklasse eher unüblichen Protestverhandlung geendet, aber dann kam der Blick auf die Tafel am Zielschiff: 14 (!!) Boote standen da auf der BFD-Liste, unter ihnen neben dem als Dritter einlaufenden Thomas auch Andre. Unser Disput hatte sich damit von selbst gelöst. Otto kam als Vierter ins Ziel und wurde so Zweiter, Jürgen freute sich über den 3. Platz.

Damit war der erste Tag gelaufen und einige Vorentscheidungen gefallen. Andre hatte mit einem 23. Platz und einem BFD nur noch theoretische Chancen aufs Podest und Thomas durfte sich für den Rest der Serie keinen Ausrutscher mehr erlauben. Otto führte vor mir und Jürgen.

Um 1700h war das Trave-Showrennen für die Finns angesetzt, an dem 12 ausgewählte Boote teilnahmen. Das Auswahlkriterium war aber nicht wie von einigen Seglern gefordert gutes Aussehen des Seglers und Bootes. Stattdessen sollte die Internationalität und das Alterspektrum der Klasse gezeigt werden und so gingen neben den Grand Mastern Dirk Sievers und mir und dem Master Lutz Steinemann auch der Däne Otto, der Pole Marek Jarocki (POL100), der Bayer Michael Ziller (BAY65 … äähh … GER65) und unsere Nachwuchstalente Erik Zilius, Cedric Ohler, Jan Heinrich Meyer, Max Trommer und Pelle Hinrichs an den Start. Es gab zwei Vorrennen mit je sechs Booten, die jeweils besten drei segelten dann das Finale. Da die Trave mit äußerst unbeständigen Winden, Steganlagen und Berufsschifffahrt stark der Berliner Havel ähnelt konnte ich beide Rennen für mich entscheiden. Das Ganze kommentierte unser Präsi Claus Wimmer vom mit Zuschauern gefüllten Traveufer aus. Das Interesse war groß, es wurde angefeuert, gejubelt und „La Olas“ gestartet. Insgesamt eine sehr gute Werbeveranstaltung für unsere Klasse am besucherstarken Samstagnachmittag.

Für Sonntag waren für die Ostseeküste unübliche extrem warme Temperaturen und sehr schwache Winde vorhergesagt. Also stellte ich mich auf eine Startverschiebung an Land ein, frühstückte gemächlich und cruiste dann entspannt über die Strandpromenade Richtung Mövenstein bis ich sah, dass bereits ¾ des Feldes auf dem Wasser waren! Mit 180er Puls radelte ich zum Boot, wechselte schnell noch aufs WB-Leichtwindsegel, warf meine Klamotten ins Boot und konnte so noch als einer der letzten mein Boot über die breite Rampe ins Wasser schieben. Anziehen, Eincremen und Boot einstellen musste auf dem Weg zum Start passieren, aber die Anfahrt war ja lang genug.

Der Start ins dritte Rennen lief nach dem üblichen Schema, nur ohne BFDs ab. Der Wind kam schwach aus etwas süd-westlicherer Richtung als am Vortag, also ablandiger und damit mit mehr Drehern. Schwierige Bedingungen, die den Teich- und Talsperrenseglern in die Hände spielten. So war es nicht verwunderlich, dass Andre vor mir, Jürgen und Rainer ins Ziel kam. Die Meersegler Thomas und Otto kassierten dagegen mit einem 10. bzw. 13. Platz reichlich Punkte.

Zum vierten Rennen ließ der Wind weiter nach. Bereits auf der Startkreuz drehte der Wind um bis zu 40 Grad, ließ mal hier, mal da die Finns in kaum noch 3 kn Wind und Restwelle stehen und strapazierte damit die Nerven aller Teilnehmer aufs Äußerste. Auf dem Vorwindkurs wurde es nicht besser: Während die vorderen Boote im Öl standen, kam das hintere Feld mit leichter Brise auf und überholte. Dann blieben die Überholer wieder stehen und andere durften sich glücklich wähnen usw.. Am Ende dieser Würfelei kam Michael Klügel, der bei einem Extremschlag auf der Kreuz mit einem satten Dreher belohnt wurde, als Erster ins Ziel gefolgt von Rainer, Holger Krassmann, Lutz Steinemann und Nils Schoenrock. Andre konnte sich mit einem 7. und Thomas mit einem 8. Platz noch glücklich schätzen, die aber nach ihren BFDs im 2. und dem 23. bzw. 10. Platz in den Vorrennen trotzdem weh taten. Mit Platz 15 verbuchte ich meinen Streicher, Otto mit Platz 25 und Jürgen mit Platz 42.
Damit konnte ich die Gesamtführung von Otto übernehmen, der an diesem Leichtwindtag Federn gelassen hatte. Thomas konnte mit 10 und 8 Punkten keinen Boden auf mich gutmachen und Andre war immer noch mit dem gestrigen Tag gestraft.

Abends kam ein Food Truck zum Mövenstein und servierte extrem leckere Hamburger in diversen Variationen, die mit reichlichst Freibier großen Anklang bei Seglern und Begleiterinnen fanden. Dass danach noch Aufmerksamkeit für die anschließende KV-Mitgliederversammlung möglich war lag an der sehr unterhaltsamen Art unseres Präsis Claus, der launig durch diverse Themen vom Etat über Mitgliederzahlen bis zur Entwicklung der Klasse führte.

Der Montag sollte wieder den Freunden der stärkeren und konstanten Winde entgegenkommen. Bei immer noch sehr warmen Temperaturen ging es bei um die 18 kn Süd-West-Wind auf den Kurs. Nun konnte Thomas sein Können bei diesen Bedingungen voll ausspielen und nach harter Arbeit bei viel Welle vor mir und Andre einen souveränen Sieg nach Hause fahren.

Das sechste Rennen konnte wiederum ich vom Start an anführen und über den gesamten Kurs ungefährdet ins Ziel fahren, obwohl sich Otto auf dem letzten Vorwindkurs nochmal bedenklich schnell heranpumpte. Hinter ihm kam Thomas ins Ziel und dann Andre, womit sich beide nach Streichung ihres BFDs weiter in Richtung Podest vorarbeiteten. Ich konnte meine Führung auf 12 Punkte Vorsprung gegenüber Otto ausbauen.

Abends lud die Stadt Lübeck die Finns zusammen mit den Folkebooten und den Seglern der Champions League auf die „Passat“ ein. Wie vorhergesagt zog genau zum Übersetzen mit der Fähre auf den Priwall eine Regenfront auf, was aber angesichts der Leckereien und Freigetränke an Bord der immer wieder imposanten Viermastbark den Spaß nicht mindern konnte. Zum Dessert schien dann wieder die Sonne und so konnte der Abend mit Geselligkeit und Sonnenuntergangsfotos auf den oberen Decks abgeschlossen werden.

Am letzten Tag konnte ich mit meinem Punktevorsprung relativ entspannt ins Rennen gehen und durfte mir nur keine groben Schnitzer wie BFDs oder Materialbruch erlauben, wobei Letzterer bei der Windvorhersage die größere Gefahr darstellte. Denn es sollte gegenüber dem Montag nochmal eine Schippe mehr Druck geben.
Der Start zum 7. Rennen sah ein bereits stark reduziertes Feld bei etwas kühleren Temperaturen als an den Vortagen, das sich noch weiter ausdünnen sollte. Unter „Uniform“ ging es bei 20 bis 25 kn Westwind auf den Kurs. Die Welle stand hoch und so wurde es eine anstrengende erste Kreuz an deren Ende ich die Luvtonne vor Thomas runden konnte. Da die Welle wieder auf der rechten Kursseite höher stand halste ich sofort nach der Ablauftonne um die besseren Surfbedingungen zu erwischen. Nur eine Schotpart in der Hand pumpte ich mich gen Lee-Gate als ich sah wie Thomas mit dem Segel immer noch auf Backbord von hinten auf mich zuflog. Dabei schotete er hastig von Single Part auf den Fußblock um. Ich hielt das für eine gute Idee und konnte gerade noch rechtzeitig ebenfalls auf die volle Untersetzung wechseln als mich der Druck erreichte. Mit über 30 kn Wind ging es nun leewärts, das Finn sprang über die Wellen und ich hatte etliche Mühe es mit Spin Outs an Ruder und Schwert so durch die Wellentäler zu steuern, dass ich weder den Bug in eine Welle bohrte, noch nach Luv oder Lee kenterte. Viel mehr Druck kann ein Finn vorwinds nicht wegstecken und so gab es rege Badeaktivitäten im gesamten Feld.
Wie über die gesamte Regatta war auch diesmal die linke Seite auf der Kreuz die bessere Wahl, zudem war die rechte Gatetonne leicht vertrieben, so dass ich eigentlich gerne die Linke gerundet hätte. Aber zum Einen konnte ich nicht überhalsiger fahren und zum Anderen wollte ich nicht das Risiko eingehen mich bei der zum Runden der linken Tonne erforderlichen Halse auf die Nase zu legen. Also fuhr ich den längeren Weg zur rechten Gatetonne und damit später als Thomas auf die linke Seite, was dieser natürlich nutzte und die Führung übernahm, die er bei etwas nachlassendem Wind bis ins Ziel nicht mehr abgab. Als Dritter kam der bei Wind ebenfalls sehr starke Otto ins Ziel, gefolgt von Jürgen und Kai Falkenthal.

Im letzten Rennen musste ich nun nur noch einen 14. Platz erreichen, falls Otto das Rennen gewinnen sollte. Das war eine gute Grundlage.
So konnte ich im auf 41. Finns dezimierten Feld frei auffahren und meine Rennserie mit einem Start-Ziel-Sieg abschließen. Hinter mir kam Thomas ins Ziel, der sich mit diesem starken letzten Tag an Otto, dem dritten im Ziel, vorbei auf den zweiten Gesamtplatz vorschob. Als Vierter fuhr Kai Schrader sein bestes Ergebnis der Meisterschaft ein, gefolgt von Andre, der so noch einmal seine Klasse bewies und sich den fünften Gesamtplatz sicherte. Sechster wurde Jürgen, der damit in der Gesamtwertung der Travemünder Woche auf den vierten und in der Deutschen Meisterschaftswertung auf den dritten Platz kam.

Die Siegerehrung fand diesmal nicht im Seglerzelt an der Trave (das gab es diesmal garnicht), sondern auf dem Mövenstein statt. Wie immer gab es Medaillen des DSV für die ersten Drei, Urkunden für die ersten Sechs und dann noch Trophäen aus Holz und gold bzw. silber und bronze eloxiertem Blech, die ein Großsegel und einen Spinnacker (?!?) darstellten. Ich fühlte mich an eine Siegerehrung nach einem Snowboardrennen erinnert, bei dem mir ein Pokal mit einem Skifahrer darauf überreicht wurde. Ich entfernte den Spinnacker umgehend.

Wesentlich passender war dagegen die Trophäe von Egbert Vincke, der vor 50 Jahren (!!!) die Travemünder Woche das erste Mal und danach 1973 und 74 erneut gewann. Er präsentierte den nach den drei Triumphen in Folge gewonnenen Silberteller, den er 2015 als ewigen Wanderpreis für den Deutschen Meister der Finnklasse gespendet hat. Ich durfte ihn nun aus seinen Händen in Empfang nehmen. Eine große Ehrung von einem Berliner an einen Berliner.

Insgesamt war es wieder einmal eine hervorragend organisierte Meisterschaft, deren Erfolg durch die Anbindung an die Travemünder Woche schon vorab sichergestellt war. Die Wettfahrtleitung hat bis auf ein „Schweinerennen“ die Serie erfahren geleitet. Von Leichtwind bis Hack war alles dabei und die Finnsegler haben mit Geselligkeit an Land, gegenseitiger Hilfsbereitschaft und Sportsgeist auf dem Wasser wieder mal gezeigt, dass die Klasse auch ohne Olympia-Status eine große Zukunft hat.

Ahoi

fabian „fl!nk“ lemmel

GER501

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