Es ist Freitag, der 12.08.2022. Wie so oft nach unserer freitäglichen Clubregatta auf dem Schanzenberg, also im Segelzentrum Nord des Ratzeburger Sees, packe ich mein Boot. Während ich verlade kommen die üblichen Fragen: „Na? Gehste wieder Regattasegeln? Wohin geht’s? Travemünde? Warnemünde? Kiel?“. „Nee“, sage ich, „Nach Neumünster!“. „Das Neumünster hier in Schleswig-Holstein?“, fragen die Club-Kollegen „Wo soll man da denn segeln?“ Ehrlich gesagt hatte ich mich das vor meiner Meldung für den Commodore Fehrs Cup am 13. & 14. August 2022 auch gefragt. „Einfelder See“, sagt ein routinierter Laser-Segler mit viel Regatta-Erfahrung. „Spannendes Revier. Gutes Training. Da kommt der Wind im Grunde von allen Seiten gleichzeitig.“.
Sowas hatte ich bereits von einigen Finn-Seglern auf der Regatta am vorherigen Wochenende in Sternberg gehört. Von Trainingseffekt war da allerdings weniger die Rede. Eher von hochkarätigen Preisen: E-Bikes, Fernseher und was nicht alles wurden da genannt. Ich dachte noch: „Die spinnen, die Finnen! Preise für hunderte von Euros für eine Wettfahrt im Zentrum einer Windhose auf einem See, den keiner kennt? Vielleicht eine Falle…“. Wie dem auch sei. Nachdem sich die Windvorhersage von unterirdischen 4 Knoten auf segelbare 8 gesteigert hatte, zerstreuten sich meine Zweifel und ich beschloss, mich auf den Weg zu machen.
Kurz vor knapp erreichte ich die wirklich schöne Anlage des Segelclub Neumünster e.V. am Einfelder See, baute mein Boot zusammen, trimmte Mast und Schwert auf Leichtwind und stach nach einer kurzen und knackigen Besprechung für die Steuerleute gemeinsam mit 14 weiteren Finn-Seglern in die sonnige See. Von den insgesamt geplanten 4 Wettfahrten segelten wir die ersten drei Läufe am Samstag mehr oder weniger direkt hintereinander weg. Die einzige Unterbrechung war ein allgemeiner Rückruf nach Massenfehlstart.
Wie die Rennen verliefen? Es fühlte sich an wie die Jagd nach einem Haken schlagenden Hasen. Mal lag der Kurs bei 15° an der Kreuz, dann wieder bei guten 80°- und das alles auf ein und demselben Bug! Dazwischen: Luftlöcher, Windfelder und vor allem am Luv-Fass jede Menge spannende Überraschungen. Wer diesen Hasen haben wollte, musste wirklich auf Zack sein. Ein Kleinraum Wetter wie ein höchst fragiles netzartiges Konstrukt aus zarten Drahtseilen und komplexen Knotenpunkten, dessen erfolgreiches Bezwingen eine choreografische Meisterleistung erforderte.
Vor meinem musikalisch geprägten inneren Auge verwandelte sich der Einfelder See in eine Art Bühne – gleich der Wiener Staatsoper. Der Wind verwandelte sich in einen Dirigenten und forderte vom Orchester der segelnden Finn-Recken ein Wenden-Stakkato, das die Bewegungen der Boote zu einem Ballett aufschwingen ließ. Mittendrin: Rainer Haacks, der tanzte wie kein Zweiter und eine Pirouette nach der anderen auf das Parkett zauberte. Aufgrund seiner virtuosen Leistung waren wir wohl beide ein wenig verdutzt, als wir uns am Ende der dritten Wettfahrt am Lee-Fass begegneten und ich dieses sogar vor ihm runden konnte. Doch nur eine Kreuz später, waren die vorangegangenen Verhältnisse wiederhergestellt. So endete der Samstag mit Rainer Haacks (GER 111) auf der 1, Ralf Heim (GER 30) auf der 2 und einem recht überraschten und sehr zufriedenen Jan Heinrich Meyer (GER 137) auf der 3. Und gerade als ich dachte, es könnte nicht mehr besser werden, gab es ein reichhaltiges Abendessen auf der Steganlage unter freiem Himmel. Ein fantastisches Finale!
Am Sonntag blieb das vorhergesagte Crescendo aus. Mit anderen Worten: die noch am Samstagmorgen angesagten 10 Knoten tauchten nicht auf. Dennoch konnte die vierte Wettfahrt erfolgreich, wenn auch wesentlich weniger musikalisch als die vorherigen drei Rennen, durchgeführt werden. An der Gesamtplatzierung der bereits genannten Top 3 änderte sich nichts, was meine ohnehin schon positive Stimmung auf einem unverändert hohen Niveau hielt. Zwischen Boot Abbau und Siegerehrung, wurde noch der Grill angeschmissen und dann kamen sie: Preise, mit denen ich nie gerechnet hätte! Fernseher, Bluetooth-Boxen, Headsets, Jacken, Akkuschrauber, … eine Auswahl wie bei Amazon. Ich entschied mich für ein Bluetooth-Headset, sodass ich zukünftig wireless neben meinem Boot tanzen kann, während ich die Achterliek-Spannung messe und am Mast schraube.
Ob ich im nächsten Jahr wieder an den Einfelder See fahre? Ich denke schon. Ob ich den Commodore Fehrs Cup auch Leuten aus weiter entfernten Regionen empfehlen kann? Absolut! Was ich bei meiner bisher sechsten Finn-Regatta gelernt habe? Kontinuierlich mit enorm hoher Aufmerksamkeit zu segeln!
Vielen Dank an den Veranstalter, die vielen helfenden Hände, die Regattaleitung und alle Mitsegler. Bis zum nächsten Mal.
Jan Heinrich Meyer
GER137
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